Manche Frauen sind wie ein sanfter Sommerregen. Leise, erfrischend, willkommen. Andere sind ein Sturm, der mit düsterem Himmel und tosendem Wind kommt, unberechenbar und schön in seiner Zerstörung. Indigo Juarez? Sie ist die Stille vor dem Gewitter. Der Moment, in dem die Luft flimmert, die Welt den Atem anhält und man nicht weiß, ob man sich in Sicherheit bringen oder einfach nur stehen bleiben und das Spektakel bestaunen soll. Sie trägt ihren Namen wie ein Versprechen. Indigo. Dunkles Haar, das ihr bis zur Taille fällt, braune Augen, die alles sehen und doch nichts preisgeben. Ihr Lächeln ist eine Waffe, ihre Worte sind Netze, kunstvoll gesponnen, um andere in ihre Welt zu ziehen – eine Welt, in der Vertrauen eine Lüge ist und Loyalität mit Blut bezahlt wird. Indigo ist in einer Welt groß geworden, in der Schwäche tödlich ist. Also hat sie gelernt, stärker zu sein als jeder Mann, der sie unterschätzt, kälter als die Stadt, die sie hervorgebracht hat. Sie weiß, wie man einem Mann glauben lässt, er hätte die Kontrolle, während er längst in ihrer Hand liegt. Sie kennt die Regeln, weil sie in ihnen aufgewachsen ist, doch sie sehnt sich nach einem Ort, an dem sie nicht mehr danach spielen muss. Niemand kennt die Indigo, die am liebsten in der Natur wäre, barfuß im Gras, die sich in Büchern verliert oder nachts alleine zu Musik tanzt, die ihr Herz zum Schlagen bringt. Niemand kennt die Indigo, die Filme liebt, die zu Tränen rühren, oder die sich nach einem Leben sehnt, das ihr nie bestimmt war. Diese Seite von ihr ist verborgen – eine Schwäche, die sie sich nicht leisten kann. In San Diego war ihr Bruder Diego unter dem Namen Lucifer bekannt und sie nannte man Lilith, als wäre sie eine gefallene Göttin, geschaffen, um an seiner Seite zu stehen, um sein Werkzeug zu sein. Doch sie ist mehr als das. Mehr als das Netz aus Drogen und Waffen, in dem sie gefangen ist. Mehr als das kalte Lächeln, das sie aufsetzt, wenn sie wieder einmal jemanden überzeugen muss, mit ihnen zu arbeiten. Sie ist müde von dem immer gleichen Spiel. Und sie weiß, dass Stürme nicht ewig am Horizont verharren.